Artenreiches Grünland ist in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Da artenreiches Grünland aufgrund seiner hohen Biodiversität als besonders wertvoll betrachtet werden kann, soll dieses Forum die Förderung artenreichen Grünlands ermöglichen. Erhalten Sie Einblick in Renaturierungsprojekte, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie. Das Forum wird im Rahmen des Forschungsprojekts durch die TU München begleitet. Tauschen Sie sich mit Praktikern, Forschern und anderen Interessierten aus.
Was? Wissenschaftliches Experiment zur Anlage ökologisch hochwertigen Grünlandes auf Flussdeichen, in dem unterschiedliche Einsaatmischungen und Substrate untersucht wurden
Wo? Donaudeiche bei Deggendorf
Wer? TU München, Lehrstuhl für Renaturierungsökologie: Markus Bauer, Jakob Huber, Johannes Kollmann
Wann? Einsaat im April 2018, Untersuchungen 2018 – 2021, langfristiges Monitoring geplant
Warum? Ziel des Experiments ist es, geeignete Saatgutmischungen und Substrate zu identifizieren, die sowohl artenreiche Grünlandlebensräume schaffen als auch die spezifischen Anforderungen beim Deichbau (Deichstabilität) erfüllen.
Details zum Experiment Ansaat und Monitoring von 288 Plots (je 2 x 3 m große Experimentalflächen) Untersuchte Parameter: - 3 Sand-Beimischungen (0%, 25%, 50% Sand mit Ackerboden gemischt damit das Substrat nährstoffärmer wird) - 2 Substrattiefen (die jeweilige Mischung wird mit 15 oder 30 cm Stärke auf den Deich aufgetragen) - 2 Saatstärken (4 und 8 g/m2) - 2 Saatgutmischungen: 'Glatthaferwiese' (angepasst an mittlere Wasserverfügbarkeit) und 'Kalkmagerrasen' (angepasst an halbtrockene Standorte), regio-zertifiziertes Saatgut - Exposition: Nord- und Südseite des Deiches
Aufbau:
Einsaatmischung: D – Kalkmagerrasen ('dry grassland'), H – Glatthaferwiese ('hay meadow') 6 Blocks als Replikate, in denen das Versuchsdesign jeweils gleich angelegt wurde; Anordnung und Kombination der Behandlungen sind randomisiert (zufällig) um verfälschende Effekte zu vermeiden (Bauer et al. 2023)
Jährliche Vegetationsaufnahmen auf allen Plots: - Etablierung der eingesäten Arten? - Ähnlichkeit zu Referenzflächen? - Guter naturschutzfachlicher Zustand erreicht?
Ergebnisse Insgesamt konnten sich die Einsaaten gut etablieren, allerdings bereiteten die extrem trockenen Sommer in den ersten Jahren einige Probleme. Die Vegetation hat sich im Lauf der Zeit wie gewünscht in Richtung der Referenzflächen entwickelt. Die Artenzusammensetzung wurde immer ähnlicher, die Qualität der Referenzen wurde aber auch nach vier Jahren noch nicht ganz erreicht und manche Versuchsflächen haben immer noch eher ruderalen Charakter. Das zeigt auch, dass die Entwicklung von Renaturierungsflächen Zeit benötigt. Ergebnisse zu den untersuchten Parametern: - Sand-Beimischung: leichter positiver Effekt. Die Beimischung von Sand reduziert den Nährstoffgehalt im Boden was eine hohe Pflanzendiversität begünstigt. - Substrattiefen: kein Effekt. - Saatstärken: kein Effekt. Dass die Saatstärke keinen Einfluss auf das Ergebnis hat, haben bereits mehrere Studien gezeigt. Ein gewisses Minimum ist notwendig, alles darüber hinaus verbessert das Ergebnis nicht. - Einsaatmischungen: auch hier kein Effekt. Beide Mischungen etablierten sich in etwa gleich gut und haben einen ähnlich guten ökologischen Zustand erreicht (bei unterschiedlicher Artenausstattung). - Exposition: Südseite problematisch wegen Trockenheit; auf der Nordseite hat die Glatthaferwiesen-Mischung etwas besser funktioniert, da dort mehr Wasser zur Verfügung steht und die Arten der Mischung an Standorte mit mittlerer Feuchte angepasst sind. Die detaillierten Ergebnisse sind in der Originalpublikation (Bauer et al. 2023, s. unten) zu finden.
Ausblick Im Vergleich zu einer großflächig einheitlichen Einsaat können auch unterschiedliche Einsaatvarianten nebeneinander positiv sein, da so die Diversität zwischen Teilflächen (Beta-Diversität) und damit die gesamte Diversität erhöht wird. Außerdem ist für eine erfolgreiche Etablierung neben der Einsaat selbst eine angepasste und flexible Pflege zentral. Unter Umständen kann auch eine Nachsaat sinnvoll sein, wenn die Arten – wie hier wegen der trockenen Sommer – schlecht keimen. Im Zuge des Klimawandels wird Trockenheit zunehmend zur Herausforderung bei der Grünlandrenaturierung, gerade auf Extremstandorten wie südexponierten Deichen oder in Regionen mit wenig Niederschlag. Man versucht dem unter anderem mit Ansaat im Herbst oder mit Matten, die den Boden feucht halten sollen, zu begegnen.
Literatur (wissenschaftliche open-access Publikationen -> https://doi.org/10.1111/1365-2664.14497) Bauer, M., Huber, J. K., & Kollmann, J. (2023). Fit by design: Developing seed–substrate combinations to adapt dike grasslands to microclimatic variation. Journal of Applied Ecology, 60, 2413–2424. https://doi.org/10.1111/1365-2664.14497